Ernennung und Vereidigung von stellvertretenden Mitgliedern des Thüringer Verfassungsgerichtshofs

André Blechschmidt

Beratung zu dem Bericht über den Stand des Verfahrens des Untersuchungsausschusses 7/4 „Mögliches Fehlverhalten der Landesregierung bei der Besetzung öffentlicher Ämter bei Staatssekretärinnen und Staatssekretären sowie Stellen von persönlichen Mitarbeitern in den Leitungsbereichen der Ministerien und der Staatskanzlei“ in der Drucksache 7/10067 auf Verlangen der Fraktion der CDU

 

 

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, zwei Vorbemerkungen: Ich gestehe, ich hätte mir zum Schluss einen anderen Gegenstand gewünscht, um hier zu debattieren, aber das kann sich eben ein Politiker manchmal nicht aussuchen. Demzufolge werde ich auch das sagen, was nötig ist.

 

Die zweite Vorbemerkung – und damit steige ich schon ein –: Vielen Dank, Herr Vorsitzender, für den Bericht. Wir haben im letzten Jahr wirklich sehr intensiv gearbeitet und ich glaube, es ist wichtig, dass wir der Öffentlichkeit deutlich machen, dass wir hier im Grunde genommen zu Erkenntnissen bzw. erst mal zu Feststellungen gekommen sind, die – da bin ich beim Kollegen Montag – noch einer gewissen Wertung unterzogen werden müssen.

 

Gleich am Anfang, lieber Andreas Bühl, noch mal in aller Deutlichkeit: Wir, die Koalition, haben im Ausschuss hochgehalten, dass wir einen Bewertungsteil in den Sachbericht reinbekommen,

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

und die Mehrheit des Ausschusses hat das abgelehnt. Wir hätten heute ganz anders hier debattieren können, aber nein, ihr wolltet es nicht. Nicht erst seit einem Jahr, sondern seit anderthalb Jahren befassen wir uns mit dieser Problematik nach dem Einsetzungsbeschluss, denn ich erinnere hier auch an die Fragestellung: Wir haben uns im Dezember 2022 im Ausschuss für Migration, Justiz und Verbraucherschutz mit der Problematik befasst, also als die erste Prüfung des Rechnungshofs gerade die Ministerien erreicht hatte. Dann gab es die Sondersitzung des Landtags 2023, es gab eine lange Sitzung im Ausschuss für Europa, Kultur und Medien und der HuFA hat sich auch mit der Problematik befasst. Nicht zu vergessen ein nicht abreißender Strom an Kleinen und Mündlichen Anfragen von CDU, FDP und AfD. Ich würde mich zu einer Bewertung hinreißen lassen, aber nicht zur Ausschussarbeit, sondern zur generellen Arbeit des Landtags zu dieser Problematik: Die Leitungsbereiche der Thüringer Ministerien gehören mittlerweile wohl zu den am besten erforschten Regionen im Freistaat Thüringen.

Meine Damen und Herren, zum Stichwort „öffentliche Beweiswürdigung“ haben Sie, Kollege Bühl, gestern schon mit einer Pressemitteilung vorgelegt, die ähnlich wie Ihre Rede nur so von Halbwahrheiten, Skandalisierungen, Verunglimpfungen, Unterstellungen und/oder Fiktionen strotzt. Mit sachlicher und sachgerechter Darstellung hat dies aus meiner Sicht nichts mehr zu tun.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Von Vetternwirtschaft ist die Rede, von einer schamlosen Einstellungs- und Versorgungspraxis, von der Versorgung von Parteileuten und Günstlingen gegen jede Beamten- und Dienstrechtsregelung.

 

(Zwischenruf Abg. Schard, CDU: Ja!)

 

Sehr geehrter Kollege Bühl, Ihre Methode, das zu skandalisieren, ist berechenbar, aber auch durchsichtig. Das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen, weil es unredlich ist.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: Das sehen wir anders!)

 

Der Ausschuss, die Arbeit des Ausschusses, die Zeugen, mithin auch die Sachverständigen haben Ihnen das von Ihnen gewünschte Futter zur Herbeischreibung von Skandalen nicht geliefert. Das bedauere ich ausdrücklich nicht. Wir haben immer versucht, den Ausschuss, seine Arbeit so durchzuführen, dass auch ein der Öffentlichkeit gerecht werdendes Interesse mit Blick auf Tatsachen und bewiesene Fakten und Ergebnisse nachvollziehbar gestaltet wird. Aber ich nehme zur Kenntnis, dass die CDU mit ihrer Presseerklärung mit der Bewertung – ich zitiere –, „dass der Ausschuss nur an der Oberfläche gekratzt hat“ erstens scheinbar dem Ausschuss unterstellt, schlecht gearbeitet zu haben, und zweitens weitere Beweisaufnahmen oder Zeugenvernehmungen geplant sind und damit kein Ende der Ausschussarbeit in Sicht ist, keine Information an die Öffentlichkeit im Sinne der Aufarbeitung wohl seitens dieser Fraktion beabsichtigt ist.

Lieber Kollege Bühl, Sie werfen dem Ministerpräsidenten in der Presseerklärung vor, Nebelkerzen zu werfen und Ausweichmanöver zu begehen. Ich muss gestehen, die Behauptungen haben mich ratlos zurückgelassen.

 

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Das würde jeder … so machen!)

 

Erstens lassen Sie zu jeder einzelnen Sitzung den Ministerpräsidenten und den Chef der Staatskanzlei gleich mit in den Ausschuss zitieren. Dann lassen Sie sich jedes Mal aufs Neue geduldig erklären, dass Staatssekretäre von den zuständigen Ministerinnen oder Ministern ausgewählt und vom gesamten Kabinett bestätigt werden und dann durch den Ministerpräsidenten die entsprechende vorgefertigte Ernennungsurkunde unterschrieben und übergeben wird.

 

(Zwischenruf Abg. Korschewsky, DIE LINKE: Nichts weiter!)

 

Dies ist seit Jahren, seit Tagen immer so und wird wahrscheinlich auch weiterhin so bleiben.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Da ist nichts Nebelkerze oder Ausweichmanöver.

 

Wenn das Gesagte und Beschriebene – ich wiederhole mich – nicht den gewünschten Effekt für sich hat, dann werden eben Unterstellungen oder Behauptungen aufgestellt, die überhaupt nicht zur Arbeit des Untersuchungsausschusses passen. Noch weniger verstehe ich Ihre Behauptung, der Ministerpräsident habe sich auf Erinnerungslücken berufen. Ich frage mich hier zwei Dinge: Erstens, ob Sie tatsächlich im gleichen Ausschuss gewesen sind wie ich,

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

und zweitens, wen Sie mit solchen Behauptungen eigentlich ärgern wollen. Wen wollen Sie da hinter die Fichte führen? In einem einzigen Fall, der im Bericht auf Seite 229 nachlesbar ist, wurde der Ministerpräsident nach einer Personalmaßnahme gefragt, die im Kabinett entschieden wurde. Ich zitiere den Bericht: „An eine weitreichende Diskussion zu dieser Frage im Kabinett könne er sich nicht erinnern.“ Beweiswürdigung ist mir hier an dieser Stelle nicht erlaubt, deswegen überlasse ich jene den interessierten Lesern, selbst herauszufinden, ob hier der Vorwurf der Erinnerungslücke überhaupt zu skandalisieren wäre. Ich glaube eher nicht.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Meine Damen und Herren, die dreisteste Behauptung ist aber, Kollege Bühl, Rot-Rot-Grün habe im Untersuchungsausschuss verhindert, dass wesentliche Teile der Beweisaufnahme in den Bericht einfließen können.

 

(Zwischenruf Abg. Bühl, CDU: So sieht es aus!)

 

Was für eine Verdrehung der Tatsachen, wie erbärmlich.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Es war jedenfalls nicht Rot-Rot-Grün, auf deren Antrag seitenweise Aussagen des Ministers Hoff aus dem Sachteil des Berichts gestrichen oder nicht umformuliert werden sollten. Ich wiederhole: Sie sollten schlichtweg gestrichen werden,

 

(Zwischenruf Abg. Schard, CDU: Er hat doch gar nichts gesagt!)

 

mit dem offenkundigen Ziel, die Rechtsauffassung der Landesregierung in einer bestimmten Frage nicht in den Bericht einfließen zu lassen. Es war ebenfalls nicht – das habe ich schon gesagt – die Idee von Rot-Rot-Grün, den Bewertungsteil des Ausschusses zu diesem Bericht komplett zu streichen. Das war nicht unser Ansinnen. Wir wollten heute schon die Öffentlichkeit über den entsprechenden Sachstand und die damit verbundenen Wertungen informieren.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD)

 

Welche wesentlichen Teile der Beweisaufnahme nicht in den Bericht eingeflossen sein sollen, ist mir völlig unerklärlich. Der Bericht sollte den Stand des Verfahrens bis zum 18. März abbilden. Auch das war keine Festlegung von Rot-Rot-Grün – mit welcher Mehrheit hätten wir das auch tun sollen? –, sondern es war Konsens des Ausschusses. Obwohl die Beweisaufnahme zu zwei Personen noch nicht abgeschlossen war, hat sich der Vorsitzende entschieden, die schon erfolgten Zeugenaussagen in den Bericht aufzunehmen und damit deutlich zugunsten von Transparenz und Informationsinteresse der Öffentlichkeit zu entscheiden. Vielen Dank, Herr Vorsitzender.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Und warum waren diese Fälle noch nicht abgeschlossen? Weil die CDU-Fraktion noch Zeugen vernehmen wollte. Ich gehe auf diese Frage so detailliert ein, nicht, weil mir eine Presseerklärung der CDU so wichtig wäre, sondern weil sie ein besonders krasses Beispiel dafür ist, wie gleichgültig bei diesem Thema die Wahrheit ist und wie wichtig doch demgegenüber die marktschreierischen Wahlkampfgetöse zu sein scheinen.

 

(Zwischenruf Abg. Schard, CDU: Der Rechnungshofbericht ist auch Marktschreierei?!)

 

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es geht heute nicht um den Rechnungshofbericht!)

 

Wir reden hier über den Sachstandsbericht und nicht über den Rechnungshofbericht. So einfach ist das wirklich, muss ich auch sagen.

 

Wenn die Verdrehung der Tatsachen bis zur Unkenntlichkeit und sogar dreisten Lüge jetzt im Umgang mit Kolleginnen und Kollegen durch die CDU sozusagen als Fakten dargestellt werden, ist die Erwartung entsprechend klar. Dann steht diesem Haus – das ist heute der letzte Tag, aber das haben wir schon in den letzten Wochen und Monaten gespürt –, aber auch dem Land ein äußerst würdeloser Wahlkampf in den nächsten Tagen vor der Tür. Vielen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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