Thüringer Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Bestimmungen für politische Beamtinnen und Beamte

André Blechschmidt

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/8656

Zum Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 7/8656

 

Danke, Herr Präsident. Meine Damen und Herren, dem hier vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung beamtenrechtlicher Regelungen für sogenannte politische Beamte liegt die Kernfrage zugrunde, wie man rechtlich der Tatsache gerecht werden kann, dass sich die Funktion und die Aufgaben einer Staatssekretärin bzw. eines Staatssekretärs sehr deutlich von den Aufgaben eines üblichen Laufbahnbeamten bzw. einer Laufbahnbeamtin unterscheiden. In diesem Zusammenhang geht es gar nicht um die Frage, wichtiger oder unwichtiger oder gar mehr oder weniger wert, denn beide Funktionen und Amtsträgerinnen und Amtsträger werden gebraucht, damit die staatlichen Aufgaben und die damit verbundenen Strukturen in Thüringen effektiv und zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger arbeiten. Es geht vielmehr darum, dass in der rechtlichen Ausgestaltung der Funktionen Staatssekretärin und Staatssekretär die Aufgabenerledigung entsprechend zutreffend erfasst sind, damit diese Aufgabenerledigung auch möglichst reibungsfrei und wirksam erfolgen kann.

 

Entscheidend ist dabei, wie es schon vom Fraktionskollegen Korschewsky bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Thüringer Ministergesetzes angesprochen wurde, Staatssekretäre und Staatssekretärinnen erfüllen eine spezielle Scharnierfunktion.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Es ist diese Scharnierfunktion an der Schnittstelle von Landesregierung als politisches Gestaltungs- und Entscheidungsgremium und den Ministerien als Teil dieser politischen Ebene, die aber zugleich als oberste Landesbehörden Teil der Verwaltung des Landes und Vorgesetzte für nachgeordnete Behörden sind. Diese Scharnierfunktion prägt die Staatssekretärsfunktion, während die Stellen innerhalb der üblichen Laufbahnverbeamtung diese spezielle Scharnierfunktion gerade nicht aufweisen und auch nicht aufweisen sollen. Daher bringt es rechtliche und praktische Probleme mit sich, wenn diese Funktion der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre in das – zugespitzt gesagt – Korsett der klassischen Laufbahnstruktur eines üblichen Lebenszeitbeamten gepresst wird. Diese Scharnierfunktion ist darin gerade nicht abgebildet.

 

Das derzeit im Thüringer Beamtenrecht auch für Staatssekretärinnen und Staatssekretäre bestehende Erfordernis der fiktiven Laufbahn in § 28 Laufbahngesetz führt zu dieser problematischen Korsettbildung. Dass es sich dabei um eine rechtliche Fiktion handelt, also um eine theoretisch konstruierte Als-ob-Beamtenlaufbahn, sagt eigentlich schon viel aus. Das Kriterium für fiktive Laufbahnen führt gegebenenfalls auch dazu, dass Personen, die für die Erfüllung der Scharnierfunktion sehr gut geeignet sind, nicht ausgewählt werden können, weil sie mit einer Beschäftigungsbiografie ausgestattet sind, die nicht der klassischen Laufbahnbeamten entspricht und dass, obwohl wie oben gerade angesprochen die Staatssekretärsfunktion gerade nicht klassische Beamtentätigkeit ist.

 

Meine Damen und Herren, in der politischen und staatsrechtlichen Praxis, in der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre die stellvertretenden Fachminister und Fachministerinnen darstellen, wird das ja schon deutlich. Das zeigt hier im Thüringer Landtag schon die Tatsache, dass in Vertretung für Ministerinnen und Minister vor dem Landtag die Staatssekretäre in der Debatte sprechen und Anfragen beantworten können und dürfen, und sie können rechtswirksam stellvertretend für ihre Minister auch Dokumente unterzeichnen. Sie wirken wie Minister politisch gestaltend in der Landesregierung und vor allem in ihren Fachministerien mit und wirken vertretend, wie gesagt, auch für ihre jeweiligen Fachminister gegenüber der Öffentlichkeit und bestimmten Gremien. Für den gesellschaftspolitisch gestalterischen Teil dieser Scharnierfunktion der Staatssekretäre ist es zum Beispiel vorteilhaft, wenn Bewerberinnen und Bewerber Erfahrungen in solchen gesellschaftspolitischen Gestaltungsarbeiten mitbringen, zum Beispiel in der Tätigkeit bei Nichtregierungsorganisationen oder in gesellschaftsgestalterischer Projektarbeit oder mittels Erfahrung in öffentlicher Kommunikationsarbeit. Das sind alles Dinge, die außerhalb der klassischen Beamtenlaufbahn stehen. Diese und weitere sind wichtige Fähigkeiten bzw. Kompetenzen für die Erfüllung der gesellschaftspolitischen gestalterischen Scharnierfunktion. Das gilt vor allem in der Demokratie, zumal in einer so mediengeprägten wie der unseren.

Damit können, wenn wir dies, wie gesagt, etwas anders gestalten, auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger – ein modernes Wort bei uns – von außerhalb der klassischen Laufbahnbeamtentätigkeit formal leichter in die Staatssekretärslaufbahn einschwenken. Die Basis für die Eignungsauswahl und die Bestenauslese wird verbreitert.

 

Bei der Streichung des Erfordernisses fiktive Laufbahn geht es also gerade nicht um die Absenkung des Qualitätsniveaus bei der Einstellung in die Funktion, sondern um die Schaffung von mehr Möglichkeiten für eine qualitativ hochwertige personelle Auswahl.

Wir als Linke hatten Ende der 5. Legislaturperiode zum Thema „Abschaffung der Funktion des politischen Beamten“ in Thüringen zwei Gesetzentwürfe in den Landtag eingebracht. In der einen Verfassungsänderung in Drucksache 5/6591, angelehnt an das bayerische Modell, wird die Einbeziehung der Staatssekretärinnen und der Staatssekretäre in die Landesregierung vorgenommen und dann im zweiten Gesetzentwurf in Drucksache 5/6592 zur eigentlichen Abschaffung der Funktion – nicht der Aufgabe, der Funktion – der politischen Beamten mit Änderung in das Ministergesetz einfachgesetzlich geregelt. Diese Zuordnung zur Landesregierung trägt der Tatsache Rechnung, dass die Staatssekretärsfunktion faktisch und staatsrechtlich der Funktion der Stellvertretung im Ministeramt entspricht.

 

Leider, meine Damen und Herren, fanden diese beiden Linken-Gesetzentwürfe Ende der 5. Legislaturperiode keine Mehrheit, stattdessen verabschiedete die Landtagsmehrheit Änderungen im Beamtenrecht, die sich jetzt für die Ausgestaltung der Staatssekretärsfunktion als nicht so richtig passfähig erweisen. Die fragliche Änderung in § 28 Laufbahngesetz wurde am 12. August 2014 im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet und trat am 01.01.2015 in Kraft.

 

Der Gesetzentwurf der Landesregierung geht zwar nicht so weit wie der Vorschlag der Linken in der 5. Wahlperiode, die Fraktion unterstützt den Gesetzentwurf dennoch. Er geht in die richtige Richtung und stützt vor allem diese Staatssekretärsfunktion auf eine Breite und knüpft an Erfahrungen anderer Bundesländern regelrecht konstruktiv an. Bestimmte Details des Gesetzentwurfs, zum Beispiel, ob neben der Staatssekretärsfunktion noch weitere Funktionen als politische Beamte beibehalten werden sollen, auch, wenn ja, vielleicht und warum, sollten in einer Ausschussberatung mit Anhörung noch weiter besprochen werden. Dies gilt insbesondere für die Frage, wie diese weiteren Funktionen und Aufgabenerledigungen der Beauftragten und der Behörden in – Anführungszeichen – Spitzenpositionen am Ende des politischen Status zukünftig sinnvollerweise ausgestaltet werden sollen.

 

Wir werden den Antrag an den entsprechenden Ausschuss überweisen und wünschen der Diskussion dort alles Gute.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

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